DYNAMISCHE BIOTOPE

Entwicklung der Lebensräume in einem Stausee

Am Anfang des Perolles-Sees war eine Staumauer

Die Sedimentablagerung

Die Dicke der Sedimente ist massgebend für ihr Gewicht und ihre Kapazität, durch den Fluss fortgeschwemmt zu werden. Je dicker die Sedimente sind, desto stärker muss die Strömung sein, um sie flus¬sabwärts zu bewegen. Steine und Blöcke werden nur bei starkem Hochwasser verschoben und lagern sich mit abnehmender Strömung ab; später bilden sich Sandbänke in den Mäandern der Flüsse mit schwacher Strömung. Die feinsten Sedimente lagern sich erst in den Seen ab, in künstlichen wie dem Perolles- oder dem Greyerzersee, oder natürlichen wie dem Genfersee.

Nach dem Bau der Staumauer der Magerau 1872 wurde die Strömung der Saane verlangsamt und die Verbindung zwischen dem Ober- und dem Unterlauf unterbrochen, weshalb sich Sedimente ablagerten. Dadurch bekam der Unterlauf keinen Nachschub an Sedimenten mehr. Im Oberlauf bildeten sich dafür neue natürliche Lebensräume.

Wie lagern sich die Sedimente ab?

Sobald die Strömung in der Seemündung nicht mehr stark genug ist, lagern sich die grossen Substanzen als Erstes ab. Nachher lagert sich Sand ab. Die ganz feinen Materialien sinken nur auf den Grund, wenn fast keine Strömung mehr herrscht.

Die Staumauer hat den dynamischen Sedimenttransport der Saane verändert. Links ist der Perolles-See um 1906 zu erkennen, daneben im Jahr 2006.

Es folgte ein vielfältiges Ökosystem

Im 19. und 20. Jahrhundert sind zahlreiche Feuchtgebiete trocken gelegt worden, um land zu gewinnen und um Seuchen zu bekämpfen. Im Perolles-See hingegen entstand durch die Ablagerung der Sedimente im Verlaufe der Jahre ein Mosaik von Feuchtbiotopen. Diese erfüllen heute eine grundlegende Funktion zur Erhaltung der Artenvielfalt.

Andere Lebensräume, andere Arten

Die verlangsamte Strömung liess neue Lebensräume entstehen. Deshalb beherbergt der Seebereich andere Arten als zu den Zeiten, als die Saane noch ungehindert fliessen konnte.

Die Staumauer unterbricht das Flusskontinuum, das für das gute Funktionieren des Ökosystems so wichtig ist. Die feinen Sedimente, die sich hinter der Mauer ablagern, verursachen eine Verschlammung des Sees.

Jeder Eingriff des Menschen in den natürlichen Lebensraum führt zu mehr oder weniger nachteiligen Veränderungen für die Tier- und Pflanzenwelt. Hier trifft das besonders auf die Fische zu.

Und nachher?

Der Perolles-See gleicht immer mehr einem Fluss im Gleichgewicht (Ablagerung = Erosion) mit einem Hauptarm, der bei jedem Hochwasser vom Geschiebe befreit wird, und den Nebenarmen, die weiter verschlammen und sich langsam und unspektakulär verändern. Der Schilfgürtel verbuscht nach und nach, weil sich die pflanzlichen Reste, das Schilfrohr und die Sedimente anhäufen und so das Niveau des Bodens anheben. Sobald nicht mehr ständig Wasser vorhanden ist, erlaubt dieser Prozess den Bäumen, sich nach und nach einzuwurzeln und das Schilf zugunsten des Waldes verdrängen. Schliesslich wird der Perolles-See einem Fluss gleichen, dessen Ufer bewaldet sind und nur noch bei starken Hochwasser überschwemmt werden.

Auf den Sedimentablagerungen, siedelt sich zuerst Schilf an, später können sich Bäume entwickeln. Schliesslich wird ein Gleichgewichtszustand erreicht, wobei eine leichte Flussdynamik bestehen bleibt.

Heute

In einigen Dutzend Jahren

Nach einem starken Hochwasser

Frage 1

Wie viel Prozent der Wasserläufe der Schweiz können heute noch als „natürlich“ bezeichnet werden?

  • 10%
  • 30%
  • 60%
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Man schätzt, dass heute ungefähr noch 10% der Bäche wirklich «natürlich» sind. Die meisten haben mehr oder weniger beachtliche Änderungen erfahren, die ihre ökologische Qualität im Allgemeinen vermindern.

Frage 2

Der Perolles-See ist heute beinahe aufgefüllt. Wissen Sie, wie lange es dauert, bis der Greyerzersee durch die Sedimentablagerungen hinter der Staumauer aufgefüllt sein wird?

  • 80 Jahre
  • 800 Jahre
  • 8’000 Jahre
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Der Greyerzersee wird in ungefähr 800 Jahren aufgefüllt sein.

Frage 3

Was ist heute die hauptsächlichste Gefährdung für Wasserlebensräume?

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Zwar sind die Wasserlebensräume trotz der zunehmenden Verstädterung nicht mehr so stark in ihrer Existenz gefährdet, aber die Qualität des Wassers bleibt gefährdet: Anreicherung durch Nährstoffe und Verschmutzung durch neue Substanzen wie Medikamente, Hormone und weitere chemische Verbindungen.

Texte: Sébastien Lauper
Illustrationen: Sébastien Lauper und rmgdesign